Freitag, 10. Oktober 2008

Überlegungen zur Wahlzeit


Karl Golser und Paolo Renner vom Institut für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung nehmen zur bevorstehenden Wahlen Stellung:

Die Parteien haben jetzt die Kandidaten für die Wahl zum Landtag aufgestellt und wir stehen in den letzten Wochen vor den Wahlen. Da es bei den Wahlen um eine Beteiligung aller an der Verantwortung für das Gemeinwohl geht, möchte das Institut für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (Brixen) einige Grundsätze in Erinnerung bringen, die für Wählerinnen und Wähler und für jene, die sich der Wahl stellen, wichtig sind.
Unsere Stellungnahme geht davon aus, dass der Dienst in der Politik eine wichtige Aufgabe ist, welche die besten Kräfte unseres Landes ansprechen soll und dass bei der Wahl die Menschen Einfluss auf die Politik nehmen können.


1.) Wahrheit - auch wenn sie schmerzlich ist und nicht immer unmittelbar Stimmen einbringt,- ist ein fundamentales Gebot für die Politik
Es dürfen nicht Wahlversprechen gemacht werden, die dann nicht eingehalten werden können. Neben der Unwahrheit, der Lüge, gibt es auch die unvollständige, die einseitige, die verzerrte Information. Gerade in besonders sensiblen Bereichen, wie Ausländerpolitik und Gesundheits- und Umweltfragen ist Klarheit in den Zielen und in der Vorlage von Daten besonders wichtig.


2.) Ohne Fairness gegenüber allen Beteiligten nimmt die Politikverdrossenheit weiter zu
Wenn sich die Politiker unfair gegenüber anderen Bewerbern verhalten, dann verlieren sie an Glaubwürdigkeit; zugleich sind sie mitverantwortlich, wenn der Eindruck entsteht, es ginge den Politikern nur um den eigenen Vorteil.
Wir erwarten deswegen einen fairen Wettbewerb in der Wahlzeit Es darf nicht Streit um des Streites willen gesucht werden, um sich selber zu profilieren; es dürfen nicht Halbwahrheiten ausgestreut werden; es muss Rücksicht auf das Privatleben der Einzelnen genommen werden.


3.) Das Gemeinwohl hat Vorrang vor Einzel- und Gruppeninteressen
Die Wählerinnen und Wähler ermuntern wir, ihr Wahlverhalten nicht allein davon abhängig zu machen, wer ihre Partikular-Interessen vertritt, sondern wer sich glaubwürdig für die öffentlichen Belange einsetzt. Bei aller Berechtigung der Einzel-Interessen, die immer vordergründig sind, ist vor allem auf das zu achten, was dem Gemeinwohl dient.


4.) Durch die Teilnahme an der Wahl können Bürger und Bürgerinnen die Zukunft des Landes mitgestalten
Es besteht heute eine verbreitete Politikverdrossenheit. Wir dürfen jedoch nicht der Versuchung nachgeben zu meinen, dass der Einsatz der Einzelnen umsonst ist, weil „die da droben“ sowieso machen, was sie wollen. Die Zukunft unserer Gesellschaft liegt auch in der Hand der Bürgerinnen und Bürger, von denen allerdings Geduld und Ausdauer verlangt sind. Wenn fähige und vertrauenswürdige Männer und Frauen gewählt werden, steigt auch das Grundvertrauen der Menschen in die demokratischen Institutionen.


5.) In der Politik müssen die Grundsätze der Solidarität vertreten werden
Wenn heute im Zuge der Individualisierung die Solidarität abnimmt, dann wird die Politik immer wieder eingreifen müssen, um gerade die Ärmsten zu schützen und jene, die an den Rand gedrängt werden, dies besonders in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise mit Teuerung der Lebenshaltungskosten.
Wir warnen davor, ethnische, soziale, kulturelle oder religiöse Feindbilder aufzubauen mit dem Ziel, dadurch die Kompaktheit der eigenen Reihen zu festigen, oder Phrasen zu verwenden, die als Ausdruck eines Gruppen-Egoismus verstanden werden können..
Die Kandidaten und Kandidatinnen sollen auch aufgrund ihrer Einstellung zu aktuellen Fragen, die die Menschen in Südtirol beschäftigen, beurteilt werden, z.B. Integration der Einwanderer, Schutz der sozial Schwachen und der Familie, Schutz des menschlichen Lebens in all seinen Phasen, Schutz der Umwelt, Zusammenleben der Sprachgruppen.


Für das Institut:
Direktor Prof. Dr. Karl Golser und Vizedirektor Prof. Dr. Paul Renner